Neues Selbstbewusstsein und ein offenes Ohr
Am zweiten Tag besuchte die neue Landesvorsitzende der Bayern SPD, Ronja Endres, die Klausurtagung der Bezirksrätinnen und Bezirksräte im Hotel einsmehr in Augsburg. Und das, obwohl sie sich am Vortag bei einem Unfall leicht verletzt hatte.
Hier dokumentieren wir ihr Grußwort im Wortlaut:
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Bezirksrätinnen und Bezirksräte
vielen Dank dass ich heute hier sein darf, bei eurer Klausurtagung. Und vielen Dank, dass ihr euch als Ort dieses großartige Hotel ausgesucht habt, ich glaube es steht uns gut an, solche innovativen Konzepte zu unterstützen – und das macht noch mehr Freude, wenn man das in so einer schönen Urlaubsatmosphäre tun kann.
Florian von Brunn und ich sind als Parteivorsitzende angetreten, unter anderem mit dem Vorhaben unsere KommunalpolitikerInnen einzubeziehen und ihnen auch zuzuhören. Dazu gehört ihr natürlich auch, deshalb möchte ich euch jetzt schon sagen:das hier ist hoffentlich der erste Kontaktauftakt zu einem regelmäßigen und fruchtbaren Austausch untereinander.
Die SPD ist ja ziemlich gebeutelt die letzten Jahre. Die letzte Landtagswahl war natürlich nicht befriedigend und genauso schmerzhaft waren die Ergebnisse der letzten Bezirkswahl. Und es ist auch klar, dass ihr hier genauso wie der Landtag oder die Kommunalwahlen an der Situation der SPD im gesamten hängt. Aber lasst den Kopf nicht hängen. Florian und ich sind angetreten um zu kämpfen. Schluss mit leisetreten, Schluss mit Selbstmitleid, das neue Selbstbewusstsein habt ihr vielleicht in der aktuellen Landtagsdebatte sehen können, ich weiß nicht wer es von euch verfolgt hat. Und wir kämpfen auch für – und mit – Euch.
Ich bin momentan auf Bildungstour in Bayern, das habt ihr vielleicht mitbekommen. Nicht nur die Corona-Krise hat aufgezeigt wie ungerecht und veraltet das bayerische Schulsystem ist, aber hier wurde es wieder besonders sichtbar, das höre ich bei meinen Gesprächen mit Eltern,LehrerInnen und Fachpersonal.
Die Städte und Gemeinden sind die Sachaufwandsträger für die Schulen, aber auch die Bezirke reden hier ein Wort mit, z.B. bei Schulen für Hör-oder Sprachgeschädigte, an die immer wenige Menschen intuitiv denken. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir dazu sehr bald in Austausch treten könnten. Aber Corona hat die Bezirke nicht nur im Bildungssektor hart getroffen. Es geht um Finanzierungen und Finanzen, aber eben nicht nur. Es geht euch wie allen in der SPD vornehmlich um den Menschen. Ich finde es besonders schade, dass ich den Bericht zur Drogenambulanz gestern von Prof. Dr. Hasan verpasst habe. Drogensüchtige Menschen werden in unserer Gesellschaft am liebsten dorthin verschoben, wo man sie nicht sieht, wo sie nicht unangenehm auffallen. Und dort leiden sie dann still an ihrer Sucht. Viele dieser Menschen nehmen gar nicht mehr richtig an der Gesellschaft teil, andere reiben sich auf, ihr Leiden zu verstecken.
Dafür dass ihr nicht wegschauen wollt möchte ich euch ganz persönlich danken. Ich habe es selbst an engsten Verwandten miterleben müssen, was die Drogensucht für eine grausame Krankheit ist. Und wohin sie im schlimmsten Fall auch führen kann. -Dazu passt natürlich auch, dass ihr auf eurer Tagesordnung die Krisendienste, die jetzt durch Corona eine ganz neue, leider traurige Wichtigkeit erlangt haben aufgenommen habt. Diese Krisendienste sind wichtiger denn je, sie können präventiv wirken oder Menschen die Hilfe geben die sie längst bräuchten. Hier endlich eine Flächendeckende und vereinheitlichte Lösung zu haben ist euer Verdienst und wird das Leid vieler Menschen lindern können.
Das bringt mich zu einem Thema, das ich selber gerade mit großer Sorge verfolge. Das ist übrigens auch so eine Eigenheit der Sozialdemokratie – ständig sind wir besorgt, aber ich sage mal, die Sorge um Andere ist ein schöner Antrieb in der Politik. Es geht um eine flächendeckende gute Versorgung mit Psychiatrien und besonders Kinderpsychiatrien. Wenn ich in der Zeitung lesen muss, dass Kinderärzte bei den Kinderpsychiatrien wegen Corona von Triage sprechen, dann wird mir schlecht. Es sind die Kinder und Jugendlichen die während dieser Krise besonders leiden und gleichzeitig besonders solidarisch handeln. Wir können hier gerne gemeinsam voranschreiten, wenn ihr Unterstützung aus der Partei braucht, für Anträge, für Presseöffentlichkeit, dann kommt auf mich zu, das gilt natürlich auch für alle anderen Themen.
Auch Florian und Arif, die übrigens ihre Grüße senden möchten für euch immer ein offenes Ohr haben. Wenn ihr etwas braucht oder Anträge oder Anfragen für den Landtag habt, könnt ihr euch immer an uns wenden.
Uns ist es wichtig, dass wir jetzt Seit an Seit stehen. Das ist natürlich besonders wichtig in Zeiten der Bundestagswahl. Ihr seid ganz nah an den Menschen draußen, ihr wisst was die Leute in euren Bezirken gerade bewegt und was gebraucht wird, die Menschen vertrauen euch. Dieses Wissen und dieses Vertrauen sind goldwert. Ich möchte an euch appellieren: bringt das ein für eure Kandidierenden vor Ort. Ich weiß, dass ihr sehr ausgelastet seid. Umso mehr weiß ich es zu schätzen, wenn ihr mit uns auf die Straße geht und mit uns dafür kämpft, dass die Sozialdemokratie auch im Bundestag ein starkes, soziales Korrektiv sein kann. Diese Bundestagswahl ist für mich auch deshalb wichtig, weil ich ein neues „Wir-Gefühl“ in unserer Partei schaffen möchte. Wir sind die Kandidierenden, auch wenn unsere Namen nicht auf der Liste stehen. Wir sind unsere Abgeordneten, die gerade das historische Lieferkettengesetz abgeschlossen haben und das Recht auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule.
Und dieses Wir-Gefühl will ich auch bis 2023 und darüber hinaus stärken, wenn es an eure Wahl geht. Wenn Wir dann ALLE Kandidierende in den Bezirken sind auch wenn unsere Namen nicht auf den Plakaten stehen. Wenn wir euch unterstützen, wo es geht. Und es gibt Grund zur Hoffnung: wir sind ganz neu aufgestellt, wir sind laut, wir sind jung und wir sind begeistert! Und das spürt man glaube ich auch. Ich sage jetzt mal: die Sozialdemokratie ist wie ich momentan: etwas angeschlagen am Kopf und am Fuß, es wird wahrscheinlich eine kleine Narbe bleiben und bis alles wieder vollständig funktioniert braucht es eine Weile. Aber Narben verdient man sich, kleine Verletzungen heilen schnell und halten uns niemals zurück. Und am Ende gehen wir klüger und stärker daraus hervor. Daran glaube ich, gerne mit euch.
